„Die Mark Waldhausen.“

Vom 16. Jahrhundert bis ins Jahr 1839 existierte die Mark Waldhausen an welcher die damaligen Orte Niedernhausen, Billings, Meßbach und Nonrod Anteil hatten. Die Bewohner dieser Orte wurden in jener Zeit in alten Urkunden auch als “Weller” bezeichnet womit man die Leute aus dem Wald meinte. Das Weistum jener sogenannten Mark Waldhausen ist durch einen glücklichen Zufall erhalten geblieben. Es handelt sich um eine Urkunde vom 28. September des Jahres 1507 welche im Staatsarchiv Darmstadt aufbewahrt wird.

Die Urkunde enthält in 15 Punkten unterschiedliche Regelungen und rechtliche Vorschriften für die Bewohner. Im Einzelnen sind diese im Rahmen dieser Homepage nicht wiedergegeben können aber jederzeit im Staatsarchiv eingesehen werden bzw. sind im Rahmen anderer Publikationen bereits ausführlich erläutert worden.

Herr Dr. Georg Spalt geht in seiner Publikation “Die Gemeinde Fischbachtal und ihre Ortsteile” davon aus, dass es sich bei obiger Urkunde nicht um das vollständige Weistum handeln kann. Im Vergleich zu anderen Weistümern fehlen hierin wichtige und notwendige Bestimmungen. So ist zum Beispiel keine Aussage über die Zusammensetzung des Märkergerichtes getroffen worden.

Dr. Georg Spalt gelangt zu der Vermutung, die vorliegende Urkunde sei eventuell von einem Vertreter des Amtes Lichtenberg nachträglich und unvollständig verfasst worden. Er hält es für möglich, dass auch Lichtenberg und Oberhausen bis zur Verleihung der Stadtrechte zur Mark Waldhausen gehörig waren.

In dem Märkerrecht werden auch einige Flurnamen überliefert, wie zum Beispiel der “Spitze Stein” und ein sogenannter “Gürnsbüel” welcher eventuell mit dem heutigen “Gernböhl” identisch ist. Ob mit dem sogenannten “Leichtweg” eventuell ein alter Leichenweg gemeint ist bleibt unbekannt.

Interessanterweise kann man aus dem Märkerrecht auch ersehen welche Herren in den genannten Orten berechtigt waren. Den größten Anteil hatten die Grafen von Katzenelnbogen (ab 1479 die jeweiligen Hessischen Landgrafen) und die Landschad von Stein- ach (die sich einst auch Bligger von Steinach nannten. Einer ihrer Vorfahren war ein umtriebiger Raubritter den man in der Bevölkerung als “Landschad” titulierte – später trugen die Mitglieder dieser Familie diesen Namen als „Ehrentitel”.)

Wie die Bligger zu den recht umfangreichen Rechten an den betroffenen Orten gelangten ist wohl noch unklar. Die Bligger von Steinach sind mit Bligger III (1152 bis 1210) als Minnesänger berühmt geworden. Diese Tradition zeigte sich auch in ihrem Wappenbild welches eine Harfe als Zeichen zeigte. Die Stammlande, in unserer Nähe, der Bligger befanden sich in Steinach, dem heutigen Neckarsteinach, in unmittelbarer Nachbarschaft der Herren von Hirschhorn. Zwischen den Orten Heddesbach und Brombach liegen noch heute die schwer erkennbaren Reste einer ehemaligen Burganlage der Bligger, die sogenannte Harfenburg. – Soweit der kleine Ausflug zu den Bligger oder Landschad von Steinach nun aber zurück zu den Märkerrechten.

Neben den genannten waren auch noch die Herren von Wallbrunn (aus dem Ernsthofener Wasserschloss), das Stift zum Heiliggeist zu Heidelberg, die Ritter von Rodenstein, das Haus Mosbach zu Lindenfels, die Kalbe von Reinheim und die Rucker von Ruckershausen berechtigt.

Im Siegel der Mark Waldhausen, welches aus dem Jahre 1536 überliefert ist, finden wir ein Bild der ehemaligen St. Josten Kapelle. Dieses Siegel blieb (in modifizierter Form) bis in die Gegenwart bei der ehemaligen Gemeinde Niedernhausen bestehen.

In dem 1862 veröffentlichten Buch “Die Wüstungen im Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg” des Heimatkundlers Justin Wagner hält dieser “Waldhausen” noch für eine Wüstung, also einen erloschenen Ort (von denen es in der weiteren Umgebung einige gegeben haben mag von welchen manche wohl noch der Entdeckung harren).  Wagner vertrat im erwähnten Buch die Ansicht man könne die Spuren der ehemaligen Siedlung noch er- kennen. Neuere Quellen gehen davon abweichend aus es handele sich hierbei um die Überreste eines großen Brandes in Niedernhausen. Dieser Brand ereignete sich wohl im Jahre 1607 als 8 Häuser mit Nebengebäuden ein Opfer der Flammen geworden waren.

Der Name Waldhausen war wohl passend getroffen, es handelte sich vornehmlich um sehr kleine Siedlungen mitten im Wald gelegen. In damaliger Zeit war die Bewaldung unserer Gegend sicherlich sehr viel dichter und vollständiger als heute. In alten Urkunden ist so auch kaum von Niedernhausen zu lesen sondern meist von Hausen oder Waldhausen. Im Grunde also Hausen im Wald – vereinfacht gesagt. In einer früheren Publikation ist von ca. 120 Einwohnern die Rede was in etwa auch der Zahl der Lichtenberger (mit Oberhausen) Einwohner entsprochen haben mag. Im Übrigen sprechen die Einheimischen Niedernhäuser noch heute in ihrem Dialekt von “Hause” – in Niedernhausen wohnt eigentlich niemand höchstens in “Owwerhause”, also in Oberhausen.

Die Mark Waldhausen hatte bis in das Jahr 1839 bestand, mit einer Urkunde vom 14. Mai jenes Jahres wird die Mark unter den beteiligten Markorten aufgeteilt. Maßgebend für die Aufteilung war hierbei die Zahl der Ortsbewohner zum Stichtag 16. Juni 1823.

Folgende Aufteilung wurde vorgenommen =

Niedernhausen     841,425 Morgen

Billings               280,120 Morgen

Messbach          171,214 Morgen

Nonrod             134,027 Morgen

Gesamtfläche also 1.426,786 Morgen.

Die Felder und Baumbestände wurden zudem noch geschätzt und untereinander abgegolten.

Waldhausen ? So stand es zu Beginn. Waldhausen war also nach heutigen Erkenntnissen kein einzelner Ort sondern eine gemeinsame Bezeichnung für die in der Mark mit jenem Namen zusammengeschlossenen Dörfer Hausen, Billings, Messbach und Nonrod.

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