„Das Leben in der Dorfgemeinschaft in früherer Zeit…“

Im Rahmen der Fischbachtal-Odw.de möchten wir hier einen kleinen Einblick geben in das Leben und die Lebensumstände unter welchen sich unsere Ahnen im 18. Jahrhundert in einem typischen Dorf aus dem Gebiet heutiges Fischbachtal zu Recht finden mussten.

Die Menschen auf dem Land im 18. Jahrhundert waren noch stark geprägt von den Lebensweisen ihrer Vorfahren und so ähnelte sich auch deren “Welt”. Fast alles was die Menschen auf dem Land damals zum Leben benötigten gewannen sie in der dörflichen Gemeinschaft egal ob es sich um Lebensmittel handelte oder um Gebrauchswaren und auch Kleidung.

Das Gebiet des heutigen Fischbachtals unterstand im 18. Jahrhundert der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt welche aus der ehemaligen Obergrafschaft Katzenelnbogen hervorgegangen war. Das zuständige Verwaltungsamt und damit regionaler Verwaltungsmittelpunkt war das Amt in Lichtenberg welches im Schloss seinen Sitz hatte.

Über das Gebiet der Landgrafschaft Hessen- Darmstadt herrschten in dieser Zeit die Landgrafen als absolutistische Fürsten, d.h.. es lag nahezu alle Gewalt in ihren Händen (wenn man so will könnte man sie damit mit späteren Diktatoren vergleichen – zumindest was die Machtfülle angeht). Die Regierung der Landgrafschaft saß in Darmstadt – hier befanden sich die Regierungskollegien (so eine Art Ministerien) und andere Zentralverwaltungseinheiten. Unterhalb derer bestanden die Ämter – wie auch das Amt in Lichtenberg. Das Amt Lichtenberg war Gerichts-, Verwaltungs- und Polizeibehörde in einem.

Der Vorsteher des Amtes wurde Amtmann genannt. Er sprach unter anderem Recht bei Streitigkeiten von Gemeinden unter- einander, prüfte die ihm unterstellten Dorfgerichte usw. und führte die Befehle der Regierung aus.

Unterstützt wurde er vom Rentmeister (den man auch Keller nannte) welcher eine Art Steuerbeamter war, sowie vom Zentgrafen der für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verantwortlich zeigte – also eine Art Ordnungsamt wenn man so will.

Höchster Mann in einer Gemeinde – also auch in einem Dorf wie Niedernhausen z.B. – war der Schultheiß. Der Schultheiß wurde von den Landesherren, oft auf Lebenszeit, ernannt und hatte dessen Interessen in der Gemeinde zu vertreten aber auch die Gemeinde gegenüber den Landesherren. Damit stand er genau in der Interessenmitte was sicherlich nicht einfach gewesen sein dürfte. Im Gegensatz zu den vorgenannten erhielten die Schultheißen keine direkten Bezüge sondern sie erhielten quasi als Ehrenbeamten Diäten. Da sie meist aus sehr angesehenen und wohlhabenden Familien entstammten dürfte dies nur Nebensache gewesen sein. (Noch heute kennt man die Bezeichnung “Scholzenhof” für den Hof auf dem einmal der Schultheiß lebte – in Niedernhausen kennt man die Bezeichnung u.a. für das heutige Anwesen der Familie Riemer). Der Schultheiss war in der Dorfgemeinschaft Vorsitzender des Ortsgerichtes und Unterstützte das Amt Lichtenberg in Verwaltungs-, Steuer und Mündelsachen.

Die Gemeinde darf man sich für das 18. Jahrhundert nicht vorstellen wie unsere heutige Gemeinde Fischbachtal. In der damaligen Zeit war die Landgemeinde noch eine auf sich und ihre Aufgaben beschränkte Körperschaft die weitestgehend unter eigenem Recht stand. Der direkte Einfluss der Herrschaften bestand oft nur darin den Schultheißen zu ernennen. Leben und Miteinander im Dorf, in der Gemeinde, regelte die jeweilige Dorfordnung (welche auch als Haingerichtsordnung bekannt wurde).

Die Dorfgemeinschaft bestand aus Gemeinsleuten (welche besondere Verantwortungen und Pflichte aber auch besondere Rechte bei der Nutzung des Gemeindeeigentums hatten), Beisassen (die ein jährliches Beisassen Geld zahlten und deren Rechte eher beschränkt waren, sie besaßen unter anderem kein Mitbestimmungsrecht bei Gemeindeversammlungen und durften die Gemeindeallmende nur gegen Zahlung benutzen), Knechte, Mägde und Hirten (diese hatten im Rahmen der Gemeinde weder Rechte noch Pflichten).

Die Führung der Gemeinde oblag dem Bürgermeister welche meist jährlich wechselten wobei der Bürgermeister nicht die gleiche Person darstellt wie der Schultheiß welcher ja von der Herrschaft ernannt wurde während der Bürgermeister aus der Gemeinde gewählt wurde. Daneben gab es in der Gemeinde noch Gerichtsschöffen und die Feldgeschworenen. Hinzu kamen noch bezahlte Personen die im Dienst der Gemeinde standen wie zB die Glöckner, die Viehhirten und Bachknechte usw.

Die Organe der Selbstverwaltung der Gemeinde waren das Dorfgericht unter Vorsitz des Schultheißen und der Gerichsschöffen (hier wurde das Strafmaß für Vergehen gegen die Dorfordnung verkündet) und des Weiteren die Gemeindeversammlung – welche man früher auch unter dem Begriff Haingericht kannte – welche ebenfalls wohl vom Schultheißen geleitet wurde. Bei dieser Versammlung mussten denn auch alle Gemeinsleute erscheinen ansonsten wurde ein Strafbetrag fällig. Während der Gemeindeversammlung trug der Bürgermeister seinen Rechenschaftsbericht bezüglich der Gemeinde vor, es wurden neue Ortsbürger vorgestellt, Gemeindeämter vergeben und Klagen gehört.

In der Gemeinde herrschte damals noch die Dreifelderwirtschaft vor welche mit einem Flurzwang verbunden war so dass sich alle Landwirte daran halten mussten. Das System der Dreifelderwirtschaft besagte das es drei Fluren gab in welchem in einem Sommergetreide in dem anderen Wintergetreide angebaut werden musste während das dritte brachlag – das alles rotierte jährlich. Im Vergleich zu heute waren die Felder damals meist unter einem Morgen groß und schmal und lang. Bei der Vererbung wurden die vorhandenen Ländereien an die Erben verteilt und nicht zerstückelt.

Neben den Äckern gab es noch Wiesen die der Gewinnung von Heu und Grummet (2. Schnitt) dienten. Viele Weiden gehörten damals noch zur Allmende – also der Gemeinde und wurden gemeinschaftlich genutzt auch war es üblich die Tiere auf die brachliegenden Gebiete der Dreifelderwirtschaft zu führen was auch der Düngung des Bodens dienen sollte. Des Weiteren, heute nicht mehr vorstellbar, wurden auch die Tiere von den Hirten in den Wald getrieben um dort Bucheggern, Eicheln usw. aufzunehmen – dadurch wurde der Wald sozusagen nebenbei “geputzt”!

Im Gegensatz zu heute benötigten die Menschen zur damaligen Zeit den Wald für ihr tägliches Leben und Wirken, er lieferte Brennholz, Werkmaterial für Werk- zeuge und Möbel usw. bot Futter für die Tiere und war damit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Manche Familien wie Köhler oder Holzmacher lebten alleine vom Wald – wie zum Beispiel die Hütten Kernbach bei Lichtenberg. Übrigens bestand der Wald im 18. Jahrhundert noch weitestgehend aus Laubbäumen wie Eichen und Buchen.

Die meisten Menschen im Dorf hatten nebenbei eine kleine Landwirtschaft, die großen Bauern besaßen meist ein paar Kühe und Zugochsen und die nicht ganz so wohlhabenden hatten Schafe oder Ziegen sowie Schweine und Hühner. Neben den kleinen Feldern hatte nahezu jeder Haushalt einen kleinen Pflanzgarten für wichtige Kräuter, Gemüse usw.

Die Bevölkerung lebte zumeist in Häusern der Fachwerkbauweise. Hier muss man zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterscheiden. Die größeren Bauern lebten zumeist in Gehöften, sie hatten neben dem Wohnhaus noch diverse Nebengebäude – meist sogar eigene Backofen (Achtung Link), Scheunen und Ställe. Die Handwerker und Kleinbauern mit meist nur geringem Landbesitz lebten in sogenannten Einhäusern welche Wohnung, Stall und Scheuer unter einem Dach vereinigten. Der Stall befand sich hierbei zumeist im Kellergeschoss, der Wohnbereich war im Stock darüber wohin man durch eine Haustreppe und den Hauseingang gelangte. Seitlich am Haus angefügt befand sich eine kleine Scheuer. Die Nichtbauern, einfache Tagelöhner und Hirten usw. lebten meist in kleinen Häusern die einen kleinen Garten vorwiesen und die Möglichkeit besaßen Ziegen und Hühner zu halten.

In den oft beengten Verhältnissen dieser Häuser hatten die Familien sehr viele Kinder, 10 und mehr waren keine Seltenheiten wobei allerdings auch deren Sterblichkeitsrate höher ausfiel als heute. Die Kinder wurden in die dörfliche Gemeinschaft hineingeboren und nahmen zumeist den Rang der Eltern ein. Eine klassische Kastengesellschaft wenn man so will. Meist lernten die Kinder denselben Beruf wie ihre Väter und schon früh mussten sie den Eltern zu Hause zur Hand gehen. Die Kindheit endete mit 14 Jahren und danach blieben nur die wenigsten Kinder zu Hause. Handwerker schlossen für ihre Kinder Lehrverträge ab – im Unterschied zu heute musste man für seine Ausbildung bezahlen anstatt hierfür Gehalt zu erlangen. Jungen deren Eltern kein Lehrgeld zahlen konnten mussten sich meist sofort als Knechte usw. verdingen sowie die meisten Mädchen eine Stellung als Dienstmagd antraten. Aus der Region um Hüttenthal ist überliefert das ein Knecht 10 fl verdiente im Jahr was nicht gerade viel war, ein Lehrer wird in Jugenheim mit 88 fl. angegeben. Zum Vergleich hierzu konnte eine gute Mühle im Jahr leicht 1.000 fl. abwerfen. Wer genug verdiente eine Familie unterhalten zu können der erhielt im Allgemeinen die Heiratserlaubnis, aus diesem Grund lag das Heiratsalter im Allgemeinen recht hoch.

Eine solide materielle Grundlage für eine erfolgreiche Ehe konnte in dieser Zeit nur der Besitz von großen Ländereien einer Mühle oder einem guten Handwerk wie Wagner oder Schmied sein. Die Familien im Besitz solcher Güter achteten meist genau darauf dass ihre Kinder in gleichbegüterte Familien einheirateten.

Die typische Schichtung eines Dorfes zu jener Zeit sah in etwa so aus:

Als Überschicht galten Grossbauern, Müller und einige Handwerksmeister (wie ZB Wagner, Schmiede). Die Mittelschicht bestand aus Familien mit zu wenig Land um davon leben zu können, meist übten die Väter ein Handwerk nebenbei aus. Die Unterschicht waren zumeist landlose Handwerker und Tagelöhner sowie Hirten.

Das Ortsgericht wurde meist von der Oberschicht gestellt und alle wichtigen Aufgaben in der Gemeinde, vor allen Dingen solche die Spesen einbrachten, teilte man unter sich im Allgemeinen auf.

Ein Dorf war, wie schon erwähnt, eine autarke kleine Welt für sich, hier wurde alles produziert was die Gemeinschaft benötigte. Es gab Landwirte, Weber, Bäcker, Jäger, alle Arten von Handwerkern (wie Schuster, Nagelschmiede usw.), Wirte und auch meist einen Heilgehilfen. Die größte Maschine die ein Dorf zu dieser Zeit hatte war eine Mühle. Müller waren meist wohlhabende Leute welche nebenbei oft auch noch die Schreinerei erlernt hatten was ihnen ermöglichte kleinere Reparaturen selbstständig zu beheben.

Wenn Sie mehr über die Wohn- und persönlichen Lebensumstände der frühen Familien erfahren wollen empfehlen wir Ihnen den Besuch eines der zahlreichen Heimatmuseum in der Umgebung unter anderem das Schloss Lichtenberg. Die genaue Lebensweise der Personen würde den Rahmen dieser Website sprengen.

Menü

Wir verwenden Cookies, wenn Du dieses Angebot nutzt zeigst Du dich hiermit einverstanden!