„Das Bollwerk – ein Geschützturm.“
Wenn man durch das Fischbachtal fährt oder sich direkt in Lichtenberg aufhält kann man ihm nicht entgehen. Wie ein rundes Steinfass steht es mächtig drohend auf einer Anhöhe –
Dort steht es schon lange –
Erst in jüngerer Zeit konnte man Licht in das Alter dieses Bauwerkes bringen. Im Staatsarchiv Marburg fand man die Baurechnung für das Bollwerk aus dem Jahre 1503. Hieraus kann man entnehmen das unter anderem 2800 Malter Kalk und über 16.000 Backsteine für den aufwendigen Bau Verwendung fanden. Es war sicherlich eine langwierige Arbeit diesen großen runden Turm zu errichten. Insgesamt wurden die Maurer und Steinhauer für über 1500 Tagwerke bezahlt.
Das Bollwerk wurde also um 1503 erbaut und ist damit älter als das heutige Schloss Lichtenberg welches ja erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts errichtet wurde. Es handelt sich beim Bollwerk nicht um einen klassischen Bergfried wie zum Beispiel auf der Veste Otzberg, einen solchen Bergfried hat es wohl früher auch einmal in Lichtenberg gegeben, bevor das Schloss erbaut wurde und es an gleicher Stelle noch die ehemalige Burg der Grafen von Katzenelnbogen gab. Vielleicht stand er noch als das Bollwerk gebaut wurde.
Beim Bollwerk, welches von Einheimischen immer als Bollwerk bezeichnet wird und schon in seiner Baurechnung so genannt wird, handelt es sich um einen mächtigen Geschützturm der dem Ausbau der ehemaligen mittelalterlichen Burganlage Lichtenbergs zur Festung dienen sollte. Für Gießen ist im Übrigen ein baugleicher Turm erwähnt. Es hat eine Höhe von ca. 15 Metern und annähernd 19 Meter Durchmesser bei einem Gesamtumfang von annähernd 60 Metern. Die Mauerstärken in der Befestigung erreichen in Bodennähe fast 6 Meter.
Wenn man vor dem Turm steht erkennt man über der Tür eine gotisch verzierte Pechnase die der Sicherung des Eingangs dienen sollte. Der Innenraum im Erd-
Aus dem Jahre 1735 ist uns folgender Bestand an schweren Waffen auf dem Bollwerk überliefert: Drei Große Kanonen von ungefähr 2 Metern Lauflänge, sowie vier Große Gewehre (auch Doppelhacken genannt). In den restlichen Teilen der Landesfestung Lichtenberg waren des Weiteren 5 Geschütze unterschiedlicher Größe, ein schnellfeuerndes Geschwindstück sowie eine sogenannte Feldschlange untergebracht. Außerdem fand sich in den Waffenkammern mehrere Musketen, Doppelhacken, ein Pechkranz mit Geschoss, ein eiserner “Katzenkopf”, mehrere Hundert Handgranaten, diverse Morgensterne sowie große Mengen an Kugeln und Pulver.
Drei der zuvor erwähnten insgesamt acht Geschütze stammten noch aus dem Bestand der Herren von Wallbrunn (eines davon war auf dem Bollwerk).
Die Herren von Wallbrunn hatten ihren Sitz im Wasserschloss in Ernsthofen. Dieses Schloss als territorialer Mittelpunkt war vielleicht in seiner Funktion in Nachfolge zur im 14. Jahrhundert zerstörten “Raubritterburg” der Kalbe von Reinheim zu sehen welche auf einem Hügel bei Nieder- Modau gelegen war - hiervon zeugen nur wenige Reste. Zunächst war Ernsthofen nur ein Stützpunkt der Herren von Bickenbach gegen die Burg Lichtenberg der Grafen von Katzenelnbogen, später konnten die Herren von Wallbrunn die Lehenshoheit der Herren von Bickenbach durch Kauf aufheben. Diese übertrugen es später an die Landgrafen von Hessen. Bald kam es wohl hierdurch zu Streitereien die in einer Belagerung des Ernsthofener Schlosses durch die Hessischen Truppen mündeten. Angeführt wurden die Truppen vom Keller des Amtes Lichtenberg. Mühsam schaffte man Geschütze herbei. Bei der nun kommenden Auseinandersetzung wurden 8 Tonnen Pulver und 106 Kugeln verbraucht. Nach mehreren Sturmangriffen gelang die Erstürmung und der Verteidiger, Hans Adolf von Wallbrunn, erschoss sich. Als Kriegsbeute gelangten wohl die drei Geschütze nach Lichtenberg - eines schließlich auf das Bollwerk. Das Wasserschloss von Ernsthofen wurde von den Landgrafen von Hessen eine Zeitlang als Jagdschloss genutzt, seit 1923 befindet es sich in Privatbesitz und ist seither der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich und wenig bekannt.
Es gibt nur einen Eingang welcher durch eine darüber liegende Pechnase zu verteidigen gewesen ist. Im ersten Geschoss finden sich mehrere Nischen, durch diese konnte geschossen werden. Sie bieten gerade genug Raum, dass sich ein Schütze darin bewegen konnte.
Neben der Pechnase findet sich eine separat verschließbare Schießkammer. Der vorhandene Abort zeigt dass man auf eine längere Verteidigungsstellung im Turm vorbereitet war. Das oberste Stockwerk wurde zum Aufstellen von größeren Geschützen und Kanonen genutzt –
Früher war das Bollwerk durch einen starken Palisadenzaun mit den Burg-
Für das Jahr 1703 ist folgender Bestand an Waffen überliefert:
3 Kanonen von ca. 2 Meter Länge sowie 4 Doppelhacken genannte Gewehre die man aufgelegt verwenden musste. Bei einer der genannten Kanonen handelte es sich um ein Beutestück aus dem Bestand der Herren von Wallbrunn. (Im Jahre 1569 ließ Landgraf Georg I. das Wasserschloss der Herren Wallbrunn in Ernsthofen erstürmen. Es wurden etliche schwere Geschütze hierzu aufgefahren und über 100 Kugeln abgefeuert. Das Wasserschloss existiert in Ernsthofen auch heute noch befindet sich aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts in Privatbesitz.
Das Bollwerk war einst also ein Geschützturm der etwaige Feinde schon beim Anmarsch auf das Schloss bestreuen sollte. Lichtenberg wurde übrigens nie von Feinden eingenommen oder geschleift.
Das Bollwerk selbst überstand die letzten über 500 Jahre relativ gut, Lichtenberg als Landesfestung konnte niemals erstürmt werden. Heute ist dieser ehemalige Kanonenturm eines der Wahrzeichen des Fischbachtal –