„Justus Liebig und seine Verwandtschaft in Niedernhausen.“

Zu den ältesten Familiennamen im Fischbachtal, bzw. in Niedernhausen, gehört der Name Liebig.

Der erste Liebig der sich hier ansiedelte war Hans Heinrich Liebig. Er war am 11.2.1641 in Reinheim geboren worden und hatte sich mit der Tochter eines Schultheißen aus Niedernhausen verheiratet.

Hans Heinrich war ebenfalls lange Jahre Schultheiß in Niedernhausen, wie sein Schwiegervater zuvor, am 10. November 1727 verstarb er. Hans Heinrich war damit der UrUropa (also Ururgroßvater) von Justus Liebig.

Einer seiner Söhne war Johann Sebastian Liebig, er wurde am 17.3. 1719 geboren und wirkte als Gemeinsmann und Hofmann in Niedernhausen. Gestorben ist er am 19. November 1794 in Groß-Bieberau. Mit seiner Frau Margaretha hatte er insgesamt 9 Kinder. Der Uropa (Urgroßvater von Justus Liebig).

Einer dieser Kinder war Johann Ludwig Liebig, der am 28.4.1747 geboren wurde. Er war Schuhmachermeister in Groß-Bieberau und hatte mit seiner Frau Maria Katharina Abel insgesamt 11 Kinder. Gestorben ist er in Darmstadt am 23. Oktober 1818. Er ist der Opa (also Großvater) von Justus Liebig.

Von den genannten 11 Kindern war einer Johann Georg Liebig, ein Handelsmann und Drogist in Darmstadt. Er wurde am 10.4.1775 geboren und beendete seine Lebenszeit am 28.4. 1850 in Darmstadt. Seine Frau war Maria Caroline Fuchs. Diese beiden waren die Eltern, unter anderem, von jenem Justus Liebig der auch heute noch weitläufig bekannt ist.

Justus Liebig wurde am 12. Mai des Jahres 1803 in Darmstadt geboren. Sein Vater war, wie bereits oben erwähnt, Drogist und handelte mit Farben. Der kleine Justus experimentierte wohl bereits früh in der Werkstatt seines Vaters. Wahrscheinlich entwickelte sich hierbei seine große Neigung zur Chemie.

Bald besuchte er das Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt, musste es aber schon in der Sekunda beenden. Die Leistungen des jungen Liebig beschreiben wohl am besten die Worte eines ehemaligen Lehrers: “Du bist ein Schafskopf! Bei dir reicht es nicht mal zum Apothekerlehrling!”. Ganz so unrecht hatte er, zumindest mit dem zweiten Teil seiner Aussage nicht, wie sich bald zeigen sollte. Seine Lehre als Apotheker brach er vorzeitig ab, vielleicht musste er diese auch abbrechen, denn er verursachte mit privaten Versuchen mit Knallsilber im Dachstuhl der Apotheke einen Brand. Schauplatz des ganzen war Heppenheim.

Die Folge war die Rückkehr des jungen Justus in die Handlung seines Vaters wo er ihm nun in seiner Werkstatt zur Hand gehen sollte. In seiner Freizeit trieb ihn sein Interesse an der Chemie immer wieder in die Großherzogliche Bibliothek, hiermit schuf er sich einen autodidaktischen Grundstock an Wissen.

Der Vater half seinem Sohn indes schnell weiter. Er vermittelte ihm ein Studium der Chemie in Bonn bei Karl Wilhelm Gottlob Kastner. Hier wurde sein Talent schnell erkannt und er durfte als dessen Assistent im Labor mitarbeiten. Später folgte er Kastner an die Universität in Erlangen und schrieb dort seine Doktorarbeit mit dem Titel “Über das Verhältnis der Mineralchemie zur Pflanzenchemie”.

Liebig scheint ein auflehnender Student gewesen zu sein, demonstrierte er doch mit der Burschenschaft gegen die Obrigkeit und wurde als Folge davon Polizeilich gesucht. Der junge Justus floh nach Hause.

Trotz alledem erhielt er ein Stipendium des Großherzog Ludwig I. von Hessen an der Pariser Universität, vor allen Dingen hatte er dies wohl der Fürsprache seines Lehrers und Mentors Prof. Kastner zu verdanken. Liebig hatte weiter Glück, durch einige seiner Arbeiten über Knallquecksilber wurde Alexander von Humboldt auf ihn aufmerksam und empfahl den erst 21 Jahre alten Liebig erneut dem hessischen Großherzog. So kam es das dieser 1824/25 bereits Professor für Chemie und Pharmazie an der Gießener Universität wurde. Mit viel Reichtum war diese Berufung nicht gerade verbunden und er musste sich nebenbei etwas hinzu verdienen mit der Ausbildung von Apothekergehilfen.

In den kommenden Jahren wurde die Anerkennung für Liebig immer größer. Die Universitäten in Reval, Göttingen, St. Petersburg, Wien, London und Heidelberg warben um ihn, doch er lehnte immer wieder ab und blieb Gießen treu. Erst als König Maximilian II. von Bayern persönlich ihn einlud und ihm in München ein Haus mit einem neu aufzubauenden Institut anbot zog es ihn im Jahr 1852 nach München.

Durch seine erfolgreiche Arbeit kamen ihm zahlreiche Ehrungen aus dem In-und Ausland zu. Ein Glanzpunkt seines Schaffens bildete unter anderem die Entwicklung des Superphosphat-Düngers für die Landwirtschaft. Hierdurch wurde er Mitbegründer der Bayerischen Aktiengesellschaft für chemische und landwirtschaftliche Fabrikate, diese existiert in Form einer Nachfolgegesellschaft mit Namen Süd-Chemie auch heute noch. Im Jahr 1859 wurde er zum Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften berufen, dieses Amt begleitete er bis zu seinem Tod. Drei Jahre später wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt München zuteil.

Justus Liebig starb am 18. April 1873 in München an einer Lungenentzündung. Sein Grab ist heute noch zu besuchen auf dem alten Münchener Südfriedhof im Glockenbachviertel.

Zu Liebigs wichtigsten Entdeckungen zählen unter anderem der Mineraldünger, ein Fleischextrakt, Backpulver und Babynahrung – aber auch chemische Apparate sind auf ihn zurückzuführen.

Seine Verwandtschaft in Niedernhausen hat er, wenn man einer Geschichte des Lehrer und Heimatkundlers Heinrich Eidmann Glauben schenken darf, auch trotz seines Aufstieges nicht vergessen.

Folgende Geschichte stammt aus seiner Erzählung:

Aus dem Hause Liebig (die sich mittlerweile von Stein schrieben) in Niedernhausen brachte die Tochter Annemarie jedes Wochenende als “Buttermädchen” Butter, Handkäse und Eier nach Darmstadt. Während sie die Butter und den Handkäse in einer großen Buttermanne auf dem Kopf trug, hatte sie die Eier in einem Henkelkorb am Arm hängen. Den weiten Weg hin und zurück legte sie zu Fuß zurück und nahm nur selten die Postkutsche. In der Stadt besuchte sie auch die Eltern von Justus Liebig, den sie von Jugend auf kannte. Daheim erzählte sie eines Tages, dass sie erfahren habe, dass der Justus ein berühmter Mann geworden sei. Jahrelang hatte sie in nicht mehr gesehen, bis sie bei einem Besuch in seinem Elternhaus hörte, dass er an dem betreffenden Tag in Darmstadt zu Besuch sei. Er sei in der “Traube” mit vornehmen Herren bei einer Tagung. Annemarie hatte natürlich nicht so viel Zeit, um die Heimkehr des Vetters abzuwarten, wollte diesen aber wieder sehen. Sie ging daher ins Hotel Traube und bat den Pförtner, ihr den Freiherren von Liebig herauszurufen. Dieser machte jedoch Schwierigkeiten und wollte sie nicht vorlassen; doch Annemarie ließ sich nicht so leicht abweisen. Schließlich hatte sie Erfolg. Der Diener ging, und bald kam Justus heraus. Er begrüßte die Verwandte aus Niedernhausen herzlich, fasste sie am Arm und führte sie in das Konferenzzimmer. Dort stellte er sie den Herren vor mit den Worten “hier bringe ich Ihnen mein Bäschen aus dem Odenwald”. Sie musste sich neben ihn setzen und Anstoßen. Wieder zu Hause hat sie alles erzählt und gemeint, im typischen Dialekt: “De Justus woar sou frouh, wie är mich gesähe hott; er hott sich gornet mit meer gescheemt. Awer ich hab mich gescheemt vor denne feine Herrn, ich hatt erst noch die “Bottermanne” uffm Kopp, wie er mich in des Zimmer gefiehrt hott”.

Auf dieser Seite finden Sie die Abbildung des Hauses in dem die Familie des Ururgroßvaters von Justus Liebig in Niedernhausen einst gewohnt hat. Die Aufnahme entstand später.

Das Haus wurde in den 1970er Jahren abgerissen – Standort war zwischen der heutigen “Pizzeria” und der Bushaltestelle “Schnurrgasse” anstelle der jetzt dort befindlichen Reihenhäuser an der Hauptstraße von Niedernhausen.

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